Symptome der Wochenbettdepression überschneiden sich mit den Symptomen des „Babyblues“ – den Stimmungsschwankungen, welche Mütter in den ersten Tagen nach der Geburt erleben. Wenn die Symptome jedoch länger als zwei Woche andauern – oder sich verschärfen – ist es an der Zeit auf eine Depression untersucht zu werden. Hier erfährst du, worauf du achten solltest.

Der Babyblues – auch „Mutterschafts Blues“ genannt – kommt in den ersten Tagen nach der Entbindung häufig vor. Egal ob in Brasilien, Hongkong, Nigeria oder Deutschland – zwischen 33 % und 55 % der Frauen berichten, dass sie sich in den ersten Tagen nach der Geburt launisch, verletzlich und gestresst fühlen.

Babyblues und Wochenbettdepression – Was ist das?

In der Psychologie wird der Babyblues eher als etwas anderes betrachtet. Das liegt vielleicht daran, dass der Babyblues eng mit der körperlichen Erschöpfung und den schnellen hormonellen Veränderungen nach der Entbindung zusammenhängt und dass es Frauen häufig schon zwei Wochen nach der Geburt besser geht. Schaut man jedoch genauer hin, wird einiges offensichtlich.

1. Die Symptome des Babyblues und der Wochenbettdepression sind ziemlich ähnlich und überschneiden sich weitgehend mit den Symptomen von Depressionen, die Frauen außerhalb des Geburtskontextes erleben.

2. Manche Frauen leiden in den ersten zwei Wochen unter schweren Depressionssymptomen – Symptome, die ihre Leistungsfähigkeit stark einschränken.

3. Frauen, die innerhalb der ersten zwei Wochen den Babyblues erleben, neigen zu einem späteren Zeitpunkt eher dazu, eine Wochenbettdepression zu entwickeln.

Es scheint also, dass der Babyblues und die Wochenbettdepression Teil eines Zusammenhangs sind, wobei der Begriff „Babyblues“ bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich deine Symptome bald bessern, wenn sich dein Körper von den psychischen und physischen Belastungen der Geburt erholt.

Bei manchen Frauen mit Babyblues ist dies der Fall, bei anderen jedoch nicht. Die Symptome bleiben. Und bei einigen Müttern hat die Wochenbettdepression keinen Babyblues als Vorbote. Obwohl sie anfangs keinen Babyblues verspüren, entwickeln sie Monate später eine Wochenbettdepression. Was sind also die Hauptsymptome?

Symptome einer Wochenbettdepression

  • Traurigkeit
  • Müdigkeit oder abnehmende Energie
  • Konzentrations- und Entscheidungsschwierigkeiten
  • Unfähigkeit, Freude zu empfinden
  • Tendenz zu Selbstvorwürfen, Schuldgefühlen oder Wertlosigkeit
  • Schlafprobleme
  • Unruhe oder Ruhelosigkeit
  • Appetitlosigkeit oder Gewichtabnahme
  • Wiederkehrende Gedanken an Selbstverletzung

Dies sind die neun Symptome einer Depression, die von der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung anerkannt sind. Laut dieser Organisation müssen mindestens fünf dieser Symptome fast täglich auftreten, damit die Diagnose einer Depression gestellt werden kann.

Außerdem stellen einige Forscher/innen fest, dass einige Betroffene das Gefühl haben, überwältigt zu sein oder nicht mehr klar zu kommen. Frischgebackene Mütter können auch über Symptome anderer Stimmungsstörungen nach der Geburt berichten, wie z. B. Angstzustände und Zwangsstörungen.

Schlafmangel und Wochenbettdepression

Auf jeden Fall scheint er ein Faktor zu sein, der dazu beiträgt. Bei der Überprüfung von 31 wichtigen Studien fanden Forscherinnen und Forscher zum Beispiel Hinweise heraus, dass Frauen, die einen schlechten Schlaf wahrnehmen, eher Symptome einer Wochenbettdepression entwickeln. Auch Studien, die den Schlaf objektiv messen, weisen darauf hin.

In einer Studie überprüften Forschende die Schlafqualität von 112 frischgebackenen Müttern mittels Actigraphen am Handgelenk – Geräte wie Fitbit, die eine objektive Einschätzung der Schlafdauer liefern. Die Forschenden stellten fest, dass die Gesamtzahl der geschlafenen Stunden keinerlei Einfluss auf die Entwicklung einer postpartalen Depression hatte. Zwei andere Faktoren jedoch schon: Der Mittagsschlaf und die Frage, ob die Eltern zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens genug Schlaf bekamen.

Mütter, die zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens weniger als 4 Stunden schliefen, hatten ein höheres Risiko, drei Monate nach der Geburt an einer Depression zu erkranken. Zudem bestand ein erhöhtes Risiko für Mütter, die tagsüber weniger als 60 Minuten schliefen.

Eine Skala zur Einschätzung der Wochenbettdepression

Ein schneller und einfacher Weg ist die Verwendung der Edinburgh-Skala für Wochenbettdepressionen, einem aus 10 Elementen bestehenden Multiple Choice Fragebogen, der die Befragten auffordert, an die vergangene Woche zu denken. Jedes Element des Fragebogens enthält eine Aussage, die du mit einer Antwort bewertest – wähle diejenige, die deinen Gefühlen in den letzten 7 Tagen am nächsten kommt. Wird dir zum Beispiel eine Aussage wie die folgende präsentiert:

„Ich habe mich wertlos oder hoffnungslos gefühlt.“

Dann würdest du die Antwort wählen, die deinen Gefühlen in den letzten 7 Tagen am ehesten entspricht:

0 Nein, überhaupt nicht

1 So gut wie nie

2 Ja, manchmal

3 Ja, sehr oft

Wie du siehst, ist jede Antwortmöglichkeit mit einer bestimmten Anzahl von Punkten verbunden. Nachdem du alle Fragen beantwortet hast, zählst du die Punkte zusammen und schaust, ob sie einen bestimmten Wert überschreiten.

Wenn das der Fall ist, hast du laut diesem Test wahrscheinlich eine Wochenbettdepression. Das ist nicht dasselbe wie eine Diagnose. Eine Diagnose wird von einem qualifizierten Arzt bzw. einer qualifizierten Ärztin oder Psychotherapeuten bzw. einer Psychotherapeutin erstellt, und zwar anhand von Informationen, die über diesen Test hinausgehen. Aber der Fragebogen ist ein Hinweis darauf, dass du viele der Symptome hast.

Nachfolgend findest du eine Wiedergabe des Fragebogens, mit dem du dich selbst testen kannst. Beachte bei der Berechnung deines Ergebnisses, dass einige Fragen umgekehrt bewertet werden (wobei die oberste Antwortmöglichkeit mit einer 3 und die unterste Antwortmöglichkeit mit einer 0 bewertet wird).

Die Edinburgh-Skala für Wochenbettdepressionen

In den letzten 7 Tagen…

… war ich in der Lage zu lachen und Dinge mit Humor zu nehmen

0 So sehr, wie immer

1 Nicht mehr ganz so sehr

2 Bestimmt nicht mehr so sehr

3 Überhaupt nicht mehr

… habe ich auf Dinge gefreut

0 So sehr wie früher

1 Eher weniger als früher

2 Deutlich weniger als früher

3 So gut wie gar nicht

… habe ich mir unnötig die Schuld gegeben, wenn etwas schief lief

3 Ja, die meistens

2 Ja, ab und zu

1 Nicht oft

0 Nein, nie

… war ich ohne ersichtlichen Grund ängstlich oder besorgt

0 Nein, überhaupt nicht

1 So gut wie nie

2 Ja, manchmal

3 Ja, sehr oft

… habe ich mich ohne triftigen Grund verängstigt oder panisch gefühlt

3 Ja, ziemlich oft

2 Ja, manchmal

1 Nein, eher selten

0 Nein, überhaupt nicht

… ist mir alles über den Kopf gewachsen

3 Ja, die meiste Zeit bin ich überhaupt nicht zurechtgekommen

2 Ja, ich bin manchmal nicht so gut zurechtgekommen

1 Nein, die meiste Zeit bin ich ganz gut zurechtgekommen

0 Nein, ich bin so gut zurechtgekommen wie immer

… war ich so traurig, dass ich Schwierigkeiten beim Einschlafen hatte

3 Ja, meistens

2 Ja, manchmal

1 Nicht sehr oft

0 Nein, überhaupt nicht

… habe ich mich traurig oder unglücklich gefühlt

3 Ja, die meiste Zeit

2 Ja, ziemlich oft

1 Nicht oft

0 Nein, überhaupt nicht

… war ich so traurig, dass ich geweint habe

3 Ja, meistens

2 Ja, ziemlich oft

1 Nur gelegentlich

0 Nein, nie

… hatte ich den Gedanken, mich selbst zu verletzen

3 Ja, ziemlich oft

2 Manchmal

1 So gut wie nie

0 Nie

Welche Punktzahl ist erforderlich, um ausschlaggebende Anzeichen einer Wochenbettdepression zu haben?

Es gibt keine pauschale, allgemein akzeptierte Zahl. Die Grenzwerte liegen zwischen 9 und 13 Punkten, aber ein Arzt kann auch bei einem niedrigeren Wert eine Wochenbettdepression diagnostizieren. Die Edinburgh-Skala für Wochenbettdepressionen ist nicht als umfassende Erfassung gedacht. Deine Ärztin oder dein Arzt muss feststellen, dass du die richtigen Symptome oder zusätzliche Faktoren hast und kann dann die Diagnose entsprechend stellen.

Wann kommt es in der Regel zur Besserung?

Das ist von Person zu Person unterschiedlich, aber wir wissen, dass es bestimmte Risikofaktoren für länger andauernde Depressionen gibt. In einer aktuellen Studie untersuchten Sheehan Fisher und ihre Kolleg/innen mehr als 500 Frauen mit postpartalen Depressionen, beginnend 4-8 Wochen nach der Geburt.

Die gute Nachricht? Etwa die Hälfte der Frauen erlebte im Laufe der Zeit eine allmähliche Besserung und erreichte 12 Monate nach der Geburt eine vollständige Abheilung. Aber etwa 40 % der Frauen waren auch nach 12 Monaten noch wenigstens leicht depressiv. Und bei den restlichen 8 % zeigte sich ein Bild von chronischer, ernsthafter Depression: Die Symptome verschlimmerten sich zwischen der Geburt und 3 Monaten nach der Geburt und waren auch 12 Monate nach der Geburt noch schwerwiegend.

Gab es irgendwelche prinzipiellen Unterschiede zwischen diesen Frauen – Risikofaktoren, die sie von Anfang an kennzeichneten?

  • Depressionen in Kombination mit Ängsten. Frauen, deren frühe Symptome mit Angstzuständen einhergingen, hatten eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit, während dem ersten Jahr depressiv zu bleiben.
  • Bei Frauen, deren frühe Symptome mit Ängsten einhergingen, war die Wahrscheinlichkeit, im ersten Jahr depressiv zu bleiben, etwa doppelt so hoch.
  • Körperlicher Missbrauch im Erwachsenenalter. Die Wahrscheinlichkeit war ebenfalls doppelt so hoch für Frauen, die als Erwachsene körperliche Misshandlungen erlebt hatten. Missbrauch in der Kindheit war nicht mit einem erhöhten Risiko für eine lange Wochenbettdepression verbunden.
  • Chronischer Krankheitsverlauf. Frauen, die mit chronischen Krankheiten zu kämpfen hatten, litten nach 12 Monaten häufiger an einer Wochenbettdepression.
  • Mehrere Kinder zu haben. Mit jedem weiteren Kind, das eine Frau bekam, erhöhte sich ihr Risiko für eine lange Depression.
  • Allgemeine Funktionsfähigkeit (Bewältigung alltäglicher Aufgaben, Arbeit, soziale Beziehungen). Je mehr Schwierigkeiten die Frauen zu Beginn der Studie hatten, desto wahrscheinlicher war es, dass sie nach 12 Monaten an einer Wochenbettdepression litten.
  • Schwere der Symptome. Leider erhöhten schwere Symptome der Wochenbettdepression in den ersten Wochen die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau auch nach 12 Monaten noch unter schweren Symptomen leiden würde.

Aber Kopf hoch! Selbst wenn du all diese Risikofaktoren hast, bedeutet das nicht, dass deine Lage hoffnungslos ist. Du kannst es schaffen, wenn du etwas tust und dir Hilfe holst. Je eher, desto besser. Frauen mit frühzeitigen, schwerwiegenden Symptomen haben länger gebraucht, um sich Hilfe zu suchen.

Zögere also nicht, deine Beschwerden mit deinem Arzt oder deiner Ärztin zu besprechen. An anderer Stelle habe ich bereits erklärt, dass Wochenbettdepressionen nicht nur die Eltern betreffen. Sie wirken sich auch auf unsere Babys aus und gefährden sie durch Störungen der Emotionsregulation, der geistigen Entwicklung und der Stimmungslage. Doch wenn Eltern eine erfolgreiche Behandlung durchlaufen – wie z. B. eine sogenannte Verhaltenstherapie – erholen sich die Babys in der Regel wieder.

Bildquelle: https://www.freepik.com/free-photo/postnatal-period-with-mother-child_19121815.htm#

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