Geschmacksstoffe in der Muttermilch? Von dem, was die Mütter zu sich nehmen? Ja, das gibt es wirklich und Babys können den Unterschied herausschmecken. Das kann später sogar ihre Vorlieben beeinflussen.

Eine Mutter isst eine scharfe Mahlzeit und stillt ihr Baby dann eine Stunde später. Gehen die Aromen in die Muttermilch über? Wird ihr Baby einen Hauch von Knoblauch wahrnehmen? Oder Noten von Ingwer und Kokosnuss?

Das Baby denkt wahrscheinlich nicht gerade wie ein Gourmet. Aber der Ansatz ist gar nicht so abwegig. Die Ernährung der Mutter kann den Geschmack der Milch tatsächlich beeinflussen. Und Babys schmecken diese Aromen nicht nur, sie reagieren auch darauf. Dazu folgende Erklärung.

Muttermilch mit Knoblauchgeschmack

Was passiert, wenn man ein paar stillende Mütter bittet, ein paar Knoblauchpillen zu schlucken? Forscher/innen haben es ausprobiert und durch Laboranalysen bestätigt, dass der Knoblauch in die Muttermilch gelangte. Der Geschmack erreichte seinen Höhepunkt zwischen 1,5 und 3 Stunden nach der Einnahme. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Frauen gebeten, ihre drei Monate alten Babys zu stillen. Und dann?

Im Vergleich zu Babys, deren Mütter Placebopillen schluckten, verbrachten die „Knoblauchbabys“ mehr Zeit mit dem Stillen. Offenbar mundete ihnen der Knoblauchgeschmack.

Ein ähnliches Experiment legt nahe, dass Babys auch Vanille mögen. Und als Forscher/innen stillende Mütter baten, vier verschiedene Aromakapseln einzunehmen, stellten sie fest, dass alle vier Geschmacksrichtungen – Banane, Kümmel, Anis und Menthol – später in der Muttermilch nachgewiesen werden konnten. Die Banane erreichte ihren Spitzenwert bereits nach einer Stunde, bei den anderen dauerte es länger.

Es scheint also wahrscheinlich, dass viele Lebensmittelaromen ihren Weg in die Muttermilch finden. Hat das irgendwelche bleibenden Folgen?

Erinnern sich Babys an Aromen in der Muttermilch?

Erinnern sich Babys an Aromen in der Muttermilch und erkennen diese wieder, wenn sie anfangen, Beikost zu essen?

Forscher/innen wollten das herausfinden und rekrutierten eine Gruppe stillender Mütter. Sie wiesen nach dem Zufallsprinzip einige der Mütter an, in den ersten zwei Monaten nach der Geburt jeden Tag Karottensaft zu trinken. Monate später, als die Babys fünf bis sechs Monate alt waren, wurden die Babys zu Geschmackstests ins Labor gebracht. An verschiedenen Tagen wurde den Babys normaler Getreide-Brei und Getreide-Brei mit Karottengeschmack angeboten. Was geschah dann?

Alle Babys machten missbilligende Gesichter, als sie den Getreide-Brei mit Karottengeschmack zu sich nahmen. Aber im Vergleich zu den Babys der Kontrollgruppe reagierten die Babys, die Muttermilch mit „Karottengeschmack“ bekommen hatten, weniger negativ. Sie schienen den Geschmack der Karotten wiederzuerkennen – und das mehr als drei Monate nachdem ihre Mütter aufhörten, Karottensaft zu trinken.

Forscher/innen kamen in einer nachfolgenden Studie zu ähnlichen Ergebnissen. In dieser Studie wurden die Mütter angewiesen, in den ersten Wochen nach der Geburt einen Monat lang vier verschiedene Gemüsesäfte zu trinken. Diese waren Gemüse-, Rüben-, Sellerie- und Karottensaft. Später, als die Babys 8 Monate alt waren, machten sie den Geschmackstest mit Karotten. Erneut reagierten die Babys in den Versuchsgruppen (deren Mütter Gemüsesäfte getrunken hatten) weniger negativ auf Karotten.

Bedeutet das, dass Babys ein bestimmtes Lebensmittel mögen, egal welche Aromen in der Muttermilch enthalten sind?

Nicht unbedingt. In der ersten Studie aßen die Babys, die dem Karottengeschmack ausgesetzt waren, keineswegs mehr Getreide-Brei mit Karottengeschmack. Sie zeigten lediglich weniger negative Reaktionen auf den Geschmack. In der zweiten Studie fanden die Forscherinnen und Forscher mögliche Anhaltspunkte für eine erhöhte Vorliebe, allerdings nur bei Babys, deren Mütter zwischen zwei und sechs Wochen nach der Geburt Gemüsesäfte getrunken hatten.

Und was passiert, wenn Babys etwas anderes als Karotten angeboten wird? Als Forscher/innen der Universität Kopenhagen den Einfluss von Kümmel auf fünf bis acht Monate alte gestillte Babys untersuchten, stellten sie fest, dass eine 10-tägige Zufuhr von Kümmelaroma in der Muttermilch keinen Einfluss darauf hatte, ob die Babys ein Püree mit Kümmelgeschmack akzeptierten.

Die Studie sagt also nicht aus, dass Babys durch den Kontakt mit Aromen in der Muttermilch ein bestimmtes Lebensmittel mögen werden. Aber sie bestätigen eine grundlegendere Erkenntnis: Babys lernen Aromen kennen, lange bevor sie feste Beikost zu sich nehmen.

Das dürfte uns nicht überraschen, wenn wir die Beweise für das vorgeburtliche Wissen über Lebensmittel berücksichtigen. Babys entwickeln schon vor der Geburt die Fähigkeit zu schmecken und zu riechen, und die Aromen von Lebensmitteln können durch die Plazenta in das Fruchtwasser gelangen. Studien zeigen, dass Neugeborene Geschmacksrichtungen, die sie während der Schwangerschaft kennengelernt haben, eher akzeptieren.

Beeinflusst Muttermilch die Essgewohnheiten von Kindern?

Die Studie über Kümmel hat zwar keine kurzzeitige Exposition bestätigt, aber die Forscher/innen haben einen interessanten Unterschied zwischen gestillten und mit Säuglingsmilch gefütterten Babys festgestellt: Unabhängig davon, ob ihre Mütter Kümmel konsumiert hatten oder nicht, zeigten gestillte Babys eine höhere ursprüngliche Akzeptanz des Kümmelpürees gegenüber Babys, die mit Säuglingsmilch gefüttert wurden.

Das stimmt mit anderen Studien überein, die zeigen, dass gestillte Babys neue Lebensmittel eher akzeptieren und sich mit zunehmendem Alter abwechslungsreicher ernähren. Die Forschung zeigt zum Beispiel, dass Babys später seltener wählerisch werden. Und je länger Babys gestillt werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie in der frühen Kindheit Gemüse essen.

Liegt das vielleicht daran, dass die Erfahrung, viele verschiedene Lebensmittel zu probieren – also viele verschiedene Geschmacksrichtungen in der Muttermilch zu erleben – Babys darauf vorbereitet, eine Vielzahl fester Beikost zu probieren? Falls ja, könnte dies ein wichtiger Vorteil des Stillens sein.

Eine Studie, die die Entwicklung von mehr als 1.500 Kindern (vom Säuglingsalter bis zum sechsten Lebensjahr) verfolgte, hat interessante Zusammenhänge zwischen dem Stillen, der Ernährung der Mutter und der Entwicklung des Kindes festgestellt. Je mehr Gemüse eine Mutter in den ersten drei Monaten nach der Geburt aß – und je länger sie ihr Baby stillte – desto wahrscheinlicher war es, dass ihr Kind letztendlich viel Gemüse aß.

Vor allem bei Kindern, die mindestens 16 Wochen lang gestillt wurden, war jede zusätzliche Portion Gemüse in der Ernährung der stillenden Mutter mit einer um 22 % höheren Wahrscheinlichkeit verbunden, dass ihr Kind im Alter von 6 Jahren viel Gemüse isst. Dies galt selbst dann noch, wenn die Forscher/innen die Auswirkungen des sozialen und wirtschaftlichen Status, den Zeitpunkt der Einführung fester pflanzlicher Lebensmittel und eine Reihe von gesundheitsbezogenen Variablen statistisch ausgeglichen hatten.

Was ist mit Babys, die Säuglingsmilch bekommen?

Säuglingsmilch schmeckt vielleicht nie nach Knoblauch oder Karotten, aber unterschiedliche Säuglingsmilch hat verschiedene Geschmacksrichtungen und auch diese können die Entwicklung von Vorlieben für bestimmte Lebensmittel beeinflussen.

In einem Experiment mit Vorschulkindern baten Forscher Kinder, verschiedene Säfte zu probieren, die sich durch unterschiedliche Grade von Süße und Säure auszeichneten. Die Forscher/inen fanden heraus, dass Kinder, die als Babys sauer schmeckende Proteinhydrolysatnahrung zu sich genommen hatten, höhere Konzentrationen von Zitronensäure in ihrem Saft bevorzugten. Kinder, die eine andere Säuglingsmilch tranken, mochten saure Säfte eher nicht.

Eine ähnliche Studie ergab, dass Kinder, die mit Soja gefüttert wurden, einen bitter schmeckenden Saft bevorzugten.

Andere Experimente deuten darauf hin, dass Babys, die mit Hydrolysatnahrung gefüttert wurden, seltener pürierten Brokkoli oder Blumenkohl verzehren als Babys, die mit Säuglingsmilch gefüttert wurden.

Es scheint also, dass die Nahrungsvorlieben eines Kindes nicht rein individuell oder willkürlich sind. Sie spiegeln nicht nur die jeweilige genetische Veranlagung, den Hype in den Medien oder sogar die Erfahrungen in der Kindheit wider. Sie werden durch vorgeburtliche Ereignisse und Erfahrungen im Säuglingsalter beeinflusst – durch den Kontakt mit Aromen in Muttermilch und Säuglingsmilch.

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/lebensmittel-salat-gesund-mann-6740535/

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