Welche Auswirkungen hat Lob?

Das kommt ganz darauf an. Lob fördert das Wohlbefinden und steigert die Motivation. Es kann Kinder dazu anregen, kooperativer, ausdauernder und fleißiger zu sein. Manche Kinder reagieren jedoch ablehnend auf Lob, und selbst bei Kindern, die Lob mögen, kann es negative Folgen haben. Im Folgenden erfährst du, wie du sicherstellen kannst, dass Lob deinen Kindern hilft – und nicht schadet.

In den traditionellen Kulturen weltweit vermieden die Eltern normalerweise Lob. Sie befürchteten, dass zu viel Lob das Ego aufbläst, Kinder zu selbstbewusst macht und sie dann zu sehr von sich selbst überzeugt sind.

Heutzutage sieht das jedoch anders aus. Viele Menschen glauben, dass Lob ein effektives Mittel ist, um gute Verhaltensweisen zu fördern.

Was wissen wir aus der Forschung über die Effekte von Lob?

Positive Effekte von Lob

Untersuchungen des Gehirns zeigen, dass wir auf soziale Anerkennung genauso reagieren wie auf finanzielle Belohnungen. Lob tut uns gut. Manche Formen des Lobes können demnach auch zu nützlichen Folgen führen.

Versuche zeigen zum Beispiel, dass Kinder von vagen, freudigen Botschaften profitieren können.

Ein begeisterter Ausruf („Wow!“) oder eine unterstützende Geste (wie ein „High Five“) können positive Gefühle auslösen. Dadurch können Kinder auch motiviert werden, es nach einem Misserfolg noch einmal zu versuchen.

Ebenso gibt es Hinweise darauf, dass Lob für Vorgänge motivierend sein kann.

Ein „Prozesslob“ ist ein Lob, das die Entscheidungen oder die Anstrengungen eines Kindes anerkennt, z. B,

  • „Gut gemacht!
  • „Mir gefällt, wie du versuchst, das Wort auszusprechen, statt einfach aufzugeben.
  • „Ich sehe, dass du geübt hast!

Wenn du es richtig machst, spornt diese Art von Lob Kinder an, mehr Durchhaltevermögen zu haben um herausfordernde Aufgaben zu lösen.

Prozesslob kann auch die wichtigste Einstellung für den Erfolg fördern – die Überzeugung, dass wir uns durch Anstrengung verbessern können. Experimente zeigen, dass wir besser lernen, wenn wir diese Überzeugung verinnerlichen.

Es gibt außerdem Hinweise dafür, dass Lob für soziales Verhalten jungen Kindern helfen kann, gute „soziale Kompetenzen“ zu entwickeln.

Stell dir vor, was passiert, wenn du ein Kleinkind für seine Hilfsbereitschaft ermutigst und lobst.

  • „Schau! Maria hat etwas fallen lassen. Sie kommt nicht ran. Willst du ihr helfen?“
  • „Danke! Du bist ein so guter Helfer!“

In einem Experiment mit 13- bis 18-monatigen Kleinkindern halfen Kleinkinder, die diese Art von Feedback erhielten, öfter. Sie halfen doppelt so oft wie Kinder, die keine solche Rückmeldung bekamen.

Es gibt auch Nachweise dafür, dass ältere Kinder – also Kindergartenkinder – bessere soziale Kompetenzen entwickeln, wenn man sie für gutes Benehmen lobt.

Negative Effekte von Lob

Nicht jedes Lob ist gut. Lob kann auch negative Folgen haben.

Studien legen nahe, dass manche Arten von Lob die Motivation eines Kindes auf der anderen Seite aber sogar verringern.

Je nach den Bedingungen kann Lob auch dem Selbstwertgefühl eines Kindes schaden oder die Entwicklung des Narzissmus fördern.

Natürlich gibt es auch Kinder, die nicht gerne gelobt werden. Sie mögen die damit einhergehende Aufmerksamkeit nicht oder fühlen sich dadurch bedrängt. Vielleicht halten sie das Lob auch für ungerechtfertigt oder unaufrichtig.

Wie können wir also schlechtes Lob vermeiden und sicherstellen, dass wir Lob geschickt einsetzen?

Hier sind einige faktenbasierte Richtlinien:

Lob richtig einsetzen

1. Denke daran, dass Kinder immer unsere Anerkennung und Ermutigung brauchen – nicht nur, wenn sie etwas Gutes vollbringen.

Lob ist zwar nützlich, doch ist es nicht das einzige Mittel, mit dem Eltern ihre Anerkennung, Akzeptanz, Ermutigung und Liebe ausdrücken.

Kinder müssen wissen, dass sie Unterstützung erhalten – insbesondere wenn sie sich ratlos, wütend oder überfordert fühlen.

Wie auch immer du in deiner Familie mit Lob umgehst, achte darauf, dass du das Gesamtbild im Auge behältst: Die Wärme und Hilfsbereitschaft in euren Familienbeziehungen allgemein und finde Möglichkeiten, Kinder zu ermutigen, wenn sie gescheitert sind – nicht nur, wenn sie Erfolg hatten.

2. Hüte dich vor unehrlichem Lob – es kann schlechte Gefühle verursachen.

Kinder könnten denken, dass wir Mitleid mit ihnen haben oder dass wir versuchen, sie zu manipulieren. Unaufrichtiges Lob kann auch den Eindruck erwecken, dass wir unsere Kinder nicht wirklich verstehen.

Gibt es diese Probleme auch bei sehr kleinen Kindern? Nicht unbedingt. Sobald Kinder jedoch reif genug sind, um unsere Gedanken und Motive zu analysieren, werden sie möglicherweise sensibel für die Auswirkungen von unaufrichtigem Lob. Bei vielen Kindern tritt diese Veränderung im Alter von 4 oder 5 Jahren ein.

3. Sei auch vorsichtig, wenn du übermäßiges Lob aussprichst.

Du bist großartig! Das kannst du super gut!

Selbst wenn Kinder glauben, dass wir es ehrlich meinen, kann diese Art von übertriebenem Lob zu Problemen führen. Es setzt einen wahnsinnig hohen Standard. Wie kann ein Kind versuchen, diesen zu halten?

Auch an dieser Stelle erkennen die jüngsten Kinder das Problem möglicherweise nicht. Ihnen fehlt der Einblick und Weitblick, um sich über ihre zukünftigen Leistungen Gedanken zu machen.

Doch wenn Kinder reifer werden, ändern sich diese Dinge. Sie wollen unseren Respekt und unsere Anerkennung nicht verlieren. Wenn sie also vor einer neuen Herausforderung stehen, ziehen sie sich häufig zurück. Sie wollen kein Scheitern riskieren. Sie wollen nicht schlecht dastehen.

Untersuchungen zeigen, dass Kinder mit geringem Selbstwertgefühl besonders anfällig für diesen Effekt sind. Und als Forschende 120 Kinder im Schulalter über einen längeren Zeitraum beobachteten, fanden sie besorgniserregende Entwicklungen. Kinder, die viel überschwängliches Lob von ihren Eltern erhielten, hatten eher negative psychologische Folgen:

  • Bei Kindern, die zu Beginn der Studie ein geringes Selbstwertgefühl hatten, war die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie sich verbesserten.
  • Bei Kindern mit einem mittelmäßigen Selbstwertgefühl war die Wahrscheinlichkeit größer, dass es sich verschlechterte.
  • Kinder mit einem ausgeprägten Selbstwertgefühl entwickelten sich anders. Bei ihnen war die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie selbstverliebt wurden.

4. Vermeide es, Kinder für etwas zu loben, das ihnen leicht fällt.

Je älter Kinder werden, desto eher begreifen sie, was das bedeutet. Entweder

  1. du hast keine Ahnung wie leicht die Aufgabe ist, oder
  2. du hast zu geringe Ansprüche an die Fähigkeiten deines Kindes.

Wie früh entwickelt sich dieses Bewusstsein? Das ist schwer zu sagen und hängt sicherlich auch von kulturellen Faktoren ab.

Wer zum Beispiel in einer Gesellschaft lebt, in der Lob eine Seltenheit ist, wird wahrscheinlich nicht die Gelegenheit haben zu lernen, dass Lob auch bevormundend sein kann.

Doch in Ländern wie den Vereinigten Staaten, in denen Lob alltäglich ist, zeigen Kinder dieses Verständnis schon in der Grundschule.

5. Lobe Kinder für Dinge, die sie beherrschen – nicht für besondere Begabungen.

Du bist so klug! Du hast Talent!

Dieses Lob scheint darauf abzuzielen, das Selbstwertgefühl zu stärken und die Motivation des Kindes zu steigern. Und das kann auch funktionieren. Gelegentlich.

Doch Untersuchungen zeigen, dass diese Art von Lob auch nach hinten losgehen kann. Und das aus demselben Grund, wie wir bereits erwähnt haben: Kinder machen sich häufig Sorgen darüber, einen hohen Standard beibehalten zu müssen.

Carol Dweck und ihre Kollegen haben diesen Effekt in einer Reihe von experimentellen Studien nachgewiesen. Wenn Kinder für ihre Fähigkeiten gelobt werden, werden sie vorsichtiger. Sie vermeiden Herausforderungen.

Außerdem könnte den Kindern vermittelt werden, dass Intelligenz oder Talent etwas ist, das Menschen entweder haben oder eben nicht. Das führt dazu, dass Kinder sich ratlos fühlen, wenn sie einen Fehler machen. Warum sollten sie versuchen, sich zu verbessern, wenn ihre Fehler ein Zeichen für mangelnde Intelligenz sind?

Aus diesen Gründen hält es Dweck für besser, Kinder nicht für ihre Fähigkeiten zu loben. Stattdessen sollten sie für Dinge gelobt werden, die sie eindeutig ändern können – wie ihren Fleiß oder Strategien, die sie anwenden.

6. Hüte dich davor, Kinder zu sehr für etwas zu loben, das ihnen Spaß macht

Es ist in Ordnung, Kinder für das zu loben, was sie gerne tun. Achte aber darauf, dass du es nicht übertreibst – vor allem bei älteren Kindern. Lobst du Kinder jedes Mal, wenn sie etwas tun, das ihnen Freude bereitet, kann das ihre Motivation verringern.

Nehmen wir zum Beispiel an, dass Adam gerne Brokkoli isst. Doch jedes Mal, wenn er Brokkoli isst, lobt ihn seine Mutter dafür. Bewusst oder unbewusst beginnt Adam, seine Motivation zu hinterfragen. Isst er Brokkoli nur des Lobes wegen? Er ändert seine Einstellung zum Essen von Brokkoli. Es ist nun eine lästige Pflicht, kein Vergnügen. Sobald das Lob aufhört, verliert Adam das Interesse daran, Brokkoli zu essen.

Passiert so etwas tatsächlich? Ja, es ist tatsächlich gut dokumentiert, dass Menschen die jedes Mal, wenn sie ein bestimmtes Verhalten zeigen, eine greifbare Belohnung erhalten (z. B. wenn du deinem Kind jedes Mal etwas Geld gibst, wenn es Brokkoli isst) ihre Einstellung zu dieser Tätigkeit verändern.

Es gibt weniger Untersuchungen, die zeigen, dass soziale Anerkennung – wie Lob – den gleichen Effekt hat. Eine Hirnstudie zeigt jedoch, dass soziale Belohnungen (wie Lob) und materielle Belohnungen (wie Geld) die gleichen Gehirnregionen aktivieren. Und ein Experiment mit Kindern, bei dem Lebensmittel probiert wurden, ergab, dass Lob, wie auch materielle Belohnungen, dazu führen, dass Kinder ein Lebensmittel weniger mochten.

7. Vermeide Lob, das Kinder vergleicht

Auf den ersten Blick scheint es eine gute Idee zu sein, dein Kind dafür zu loben, dass es bessere Leistungen erbringt als seine Altersgenossen. Schließlich hat die Forschung bewiesen, dass ein solches Lob im sozialen Vergleich die Motivation und die Freude des Kindes an einer Aufgabe steigert.

Doch es gibt mindestens zwei große Probleme mit Lob im Rahmen sozialer Vergleiche.

Problem Nr. 1: Lob wegen des sozialen Vergleichs ist nur so lange motivierend, wie die Kinder die Besten sind.

Wenn ihr Vorsprung nachlässt, verlieren die Kinder häufig die Motivation.

Im Grunde genommen werden Kinder, die an Lob im Vergleich mit anderen gewöhnt sind, zu schlechten Verlierern.

Sehen wir uns ein Experiment mit amerikanischen Viert- und Fünftklässlern an. Die Kinder sollten eine Reihe von Puzzles lösen und erhielten entweder

  • Lob durch einen Vergleich mit anderen,
  • Lob für die Bewältigung der Aufgabe (d.h. Aussagen darüber, wie das Kind die Aufgabe bewältigt hat), oder
  • gar kein Lob.

Danach lösten die Kinder eine zweite Aufgabe. Diesmal bekamen sie keine eindeutige Rückmeldung darüber, wie sie abgeschnitten hatten.

Wie wirkte sich diese Unsicherheit auf die Motivation der Kinder aus?

Es hing davon ab, welche Art von Lob die Kinder zuvor erhielten. Diejenigen, die soziales Vergleichslob erhielten, litten unter einem Motivationsverlust. Kinder, die für ihre Leistung gelobt wurden, zeigten hingegen eine höhere Motivation.

Problem Nr. 2: Lob im Vergleich lehrt die Kinder, dass Wettbewerb das Wichtigste ist.

Wenn Kinder entscheiden, dass es das Wichtigste ist, andere zu übertreffen, fehlt ihnen die Motivation für die Aufgabe an sich. Die Aufgabe ist nur dann interessant, wenn sie damit zeigen können, dass sie die Besten sind.

Noch schlimmer ist, dass diese Kinder so sehr damit beschäftigt sind, ihre Spitzenposition zu verteidigen, dass sie Herausforderungen und Gelegenheiten zum Lernen meiden. Weshalb sollten sie etwas Neues wagen, wo sie nicht sofort die Besten sind und es riskieren zu scheitern? Lob im sozialen Vergleich bereitet die Kinder nicht darauf vor, mit Fehlschlägen umzugehen. Anstatt aus ihren Fehlern zu lernen, empfinden diese Kinder eine gewisse Hilflosigkeit.

Bildquelle: https://www.freepik.com/free-photo/front-view-happy-family-showing-thumb-up-sign-sitting-sofa_3808459.htm

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