Endlich hast du die Gelegenheit, dich mit deiner Freundin bei einer Tasse Tee zusammenzusetzen und zu plaudern. Nach ein paar Minuten hörst du, wie ein Kind im anderen Zimmer lautstark schimpft. Du tauschst mit deiner Freundin einen Blick aus, ihr stellt eure Tassen ab, atmet tief durch und geht der Sache nach.
Was tun bei Fehlverhalten eines anderen Kindes?
Als du das Wohnzimmer betrittst, siehst du, dass dein Kind mit verschränkten Armen und einem schmollenden Gesicht dasitzt. Also fragst du: „Was ist denn los?“ Dein Sohn beginnt zu erklären: „Das andere Kind will nicht teilen und schummelt ständig. Das ist nicht fair, ich will nicht mehr mit ihm spielen!“ Daraufhin wirft das andere aufgebrachte Kind den Controller weg und verteidigt seine Position mit einigen sehr sorgfältig gewählten Worten.
Wieder tauschst du mit deiner Freundin einen Blick aus und ihr atmet diesmal mehrmals tief durch. Du wartest darauf, dass deine Freundin die Führung übernimmt. Die Sprache, die du von ihrem Kind hörst, ist etwas, das du nur in einem Film hören würdest. Zu deiner Überraschung sagt sie ihnen, dass sie schön spielen sollen und kehrt dann in die Küche zurück.
Wenn Freunde unterschiedliche Erziehungsstile haben
Wenn du schon einmal längere Zeit mit einem Freund oder einer Freundin und seiner/ihrer Familie verbracht hast, wirst du schnell feststellen, dass sich alle Kinder irgendwann einmal daneben benehmen. Sodass du vielleicht denkst: „Zum Glück sind es nicht nur meine Kinder, die mich manchmal verrückt machen!“ Eure Freundschaft beinhaltet viele Dinge wie das Teilen von Kleidung, Lachen und Ratschlägen, aber je mehr Zeit ihr miteinander verbringt, desto deutlicher werden die Unterschiede in euren Erziehungsansätzen. Wenn sich Ärger anbahnt, beißt du dir dann eher auf die Zunge oder übernimmst du die Disziplinierung der Kinder deiner Freundin oder deines Freundes? Und wird eine dieser Methoden eure Freundschaft ruinieren?
Wenn ihr Zeit miteinander verbringt und es scheint, dass es ein Problem gibt, halte einen Moment inne. Du solltest dich zunächst fragen, ob das Eingreifen eines Erwachsenen wirklich notwendig ist. Manchmal, wenn wir eine Situation ignorieren, wird sie sich von selbst lösen. Aber was, wenn das nicht der Fall ist? Oder was ist, wenn das Kind deiner Freundin oder deines Freundes bei dir zu Hause ist – mit oder ohne sie oder ihn? Was solltest du dann tun?
Richtlinien für die Disziplinierung anderer Kinder
Hier sind einige Richtlinien, die du beachten solltest, wenn du die Kinder deines Freundes oder deiner Freundin disziplinieren willst, ohne jemanden zu beleidigen:
- Wie eng ist eure Beziehung? Seid ihr schon so lange befreundet, dass ihr das Gefühl habt, eine Familie zu sein? Wenn du und deine Freundin oder dein Freund ein sehr enges Verhältnis zueinander habt, kann es in Ordnung sein, die Erwartungen an euer Verhalten zu wiederholen und logische Konsequenzen zu ziehen. Vor allem, wenn deine Freundin oder dein Freund gegenüber deinen eigenen Kindern laut geworden ist. Zum Beispiel hat das Kind deines Freundes ein Spielzeug zu dir nach Hause gebracht, will es aber nicht teilen. Erkläre ihm, dass es das Spielzeug in seiner Tasche aufbewahren soll, bis es nach Hause kommt, wenn es meint, dass es zu wertvoll zum Teilen ist.
- Ist das Verhalten eher dein Problem? Das bedeutet, dass wir manche Verhaltensweisen als lästig empfinden, aber das heißt nicht, dass sie wirklich ein Problem darstellen. Wenn es sich nur um ein kleines Problem handelt (z.B. wenn niemand verletzt wird, es nur einmal vorkommt und vielleicht mit Manieren zu tun hat), dann halte dich zurück und ignoriere es einfach. Denke daran, dass dein Freund oder deine Freundin vielleicht andere Erwartungen an Manieren und akzeptables Verhalten hat, die vielleicht auf kulturellen Werten beruhen. Wenn du dich immer noch unwohl dabei fühlst, dass dein Kind Zeuge dieses Verhaltens war, könnt ihr später unter vier Augen darüber sprechen, was in eurer Familie angemessen ist.
- Wenn das Verhalten gefährlich ist und die Sicherheit deines Kindes gefährdet, dann ist es definitiv in Ordnung, einzugreifen. Du solltest immer vorsichtig vorgehen und ruhig bleiben. Manchmal reicht deine Anwesenheit aus, um das Verhalten zu beenden.
- Sei vorsichtig mit der „Mein Haus, meine Regeln“-Mentalität. Auch wenn ein Verhalten in deinem Haus vorkommt, ist es immer ratsam, sich darauf zu konzentrieren, die Regeln zu wiederholen, anstatt Strafen zu verteilen. Wenn das problematische Verhalten weiterhin auftritt, solltest du deinen Freund oder deine Freundin anrufen und um Hilfe bitten. Erkläre die Situation, warum es ein Problem ist und was du dir wünschst. Wenn du das Problem offen ansprichst, ist es wahrscheinlicher, dass du deinen Freund auf deine Seite ziehst und ihm hilfst.
- Beziehe die Kinder mit ein. Lass die Kinder im Voraus einen Verhaltenskodex und mögliche Konsequenzen ausarbeiten.
- Wenn dein Kind auch eine Schlüsselrolle in der Situation spielt, dann konzentriere dich auf dein Kind. Dein Vorbild in Sachen Disziplin kann deine Freundin oder deinen Freund dazu bringen, anders zu reagieren.
- Scheue dich nicht, deine Freundin oder deinen Freund direkt anzusprechen. Zu einer engen Freundschaft gehört es, um Hilfe zu bitten und sie anzubieten.
- Konzentriere dich auf Belohnungen. Wenn du mit deinen Kindern die Regeln besprichst und sie für das Befolgen dieser Regeln belohnst, bereitest du sie auf den Erfolg vor, sodass du ihr Verhalten später seltener korrigieren musst.
Schlusswort
Tolle Freund/innen sind schwer zu finden. Also kannst letztlich nur du die Entscheidung treffen, ob die Erziehung des Kindes deiner Freundin oder deines Freundes zu Spannungen in eurer Beziehung führen wird. Wir alle haben sehr unterschiedliche Erziehungsstile und Vorstellungen davon, wie man Kinder erzieht. Wenn dir eure Freundschaft also viel bedeutet, konzentriere dich auf deine eigenen Kinder und auf das, was du wirklich an deiner Freundin oder deinem Freund liebst.
Bildquelle: https://www.pexels.com/photo/cheerful-friendly-women-surfing-internet-on-smartphone-together-at-home-3795309/
