Unter Traum-Fütterung (engl.: dream feeding) versteht man das Stillen eines schlafenden Säuglings mit dem Ziel, das Baby zu ermutigen, länger zu schlafen. Der Begriff wird auch verwendet, um eine große Mahlzeit (im Schlaf oder im Wachsein) zu beschreiben, die unmittelbar vor dem Schlafengehen der Eltern eingenommen wird.

Der Sinn der Traum-Fütterung ist in jedem Fall, den Eltern längere Schlafphasen zu ermöglichen – ohne nächtliches Aufwachen.

Sind diese Maßnahmen hilfreich? Es gibt Grund zu der Annahme, dass sie sowohl für Babys als auch für Bezugspersonen zu längeren Schlafphasen führen können. Allerdings spielt die Traum-Fütterung für sich genommen wahrscheinlich nur eine geringe Rolle bei der Entwicklung des Schlafverhaltens von Babys. Um ein ausgereiftes Schlafverhalten zu fördern, ist es am vielversprechendsten, Traum-Fütterungen mit anderen schlaffördernden Praktiken zu kombinieren.

Hier ist ein Überblick über das Thema – die Begriffsbestimmungen, die Belege, die Vor- und Nachteile und häufig gestellte Fragen.

Traum-Fütterung – Was ist das?

Tracey Hogg, die den Begriff geprägt hat, definiert Traum-Fütterung als das Stillen eines kleinen Babys, während es schläft. Dazu hältst du dein schlafendes Baby behutsam in einer Stillposition und versuchst, den Saugreflex zu stimulieren, indem du den Mund deines Babys streichelst und ihm die Brust oder eine Flasche anbietest. Viele Babys können auf diese Weise trinken, ohne aufzuwachen.

Doch manche Menschen benutzen den Begriff „Traum-Fütterung“ anders. Harvey Karp zum Beispiel spricht in einem Blogbeitrag davon, ein Baby bewusst zu wecken: „Traum-Fütterung ist, wenn du dein Baby weckst, um es noch einmal zu stillen, bevor du dich schlafen legst.“

Und andere verwenden die Bezeichnung „Traum-Fütterung“, um jeden Versuch zu beschreiben, dein Baby zum Trinken zu bringen, bevor du selbst ins Bett gehst. Es kann sein, dass du dein Baby zu diesem Zweck weckst, oder dass du es fütterst, wenn es schon wach ist.

Kurz gesagt, es gibt zahlreiche Definitionen von „Traum-Fütterung“. Aber alle Definitionen haben einen gemeinsamen Nenner nämlich die Idee, das Baby dazu zu bringen, eine große Mahlzeit zu sich zu nehmen, bevor du schläfst.

Wie sich die Traum-Fütterung auf deinen Schlaf auswirken kann

Neugeborene wachen leicht und häufig auf, unter anderem weil sie hungrig sind. Das macht die Versorgung Neugeborener so anstrengend. Man muss sie alle paar Stunden stillen, rund um die Uhr! Doch wenn du kurz nachdem dein Baby eine große Mahlzeit zu sich genommen hat, mit dem Schlafen beginnst, hast du vielleicht ein bisschen mehr Zeit, bevor dein Baby wieder aufwacht. Jede Minute zählt, besonders wenn du dadurch mindestens 4 Stunden ununterbrochen schlafen kannst.

Und warum? Unser Gehirn ist so konstruiert, dass es die erholsamste Schlafphase – den NREM3-Schlaf (Tiefschlaf mit langsamen Wellen) – innerhalb der ersten paar Schlafzyklen der Nacht erreicht. Wenn man also nur einen Teil des nächtlichen Schlafes vor Unterbrechungen schützen könnte, sollten es die ersten vier bis fünf Stunden sein.

In den Tagen direkt nach der Geburt ist es für viele Eltern unmöglich, diesen Idealzustand zu erreichen. Wenn das bei dir der Fall ist, solltest du dir Mut machen: Menschen, die unter starkem Schlafmangel leiden, d. h. ein großes Defizit an NREM3 aufweisen, reagieren darauf oft mit einer erhöhten Schlafintensität bei kurzen Nickerchen. Wenn du es schaffst, tagsüber ein paar 30-minütige Nickerchen zu machen, kann es sein, dass du genug NREM3 bekommst, um viele der negativen Auswirkungen des Schlafmangels auszugleichen.

Doch wenn du dein Baby dazu bringst, nachts länger zu schlafen – mindestens einen vier- bis fünfstündigen Schlaf, der um deine eigene Schlafenszeit herum anfängt -, kann das dein Leben einfacher machen. Es gibt dir die Möglichkeit, die wichtigste Mindestschlafdauer zu sichern, die du für deine Gesundheit brauchst. Und es kann ein hilfreicher Schritt auf dem Weg zu einem reifen, nächtlichen Schlafverhalten deines Babys sein.

Erfolgsbeweise der Traum-Fütterung

Viele Eltern, die es ausprobiert haben, scheinen den Eindruck zu haben, dass es funktioniert. Im Laufe der Zeit schlafen ihre Babys immer länger und fester. Aber natürlich erwarten wir, dass das sowieso passiert. Läuft alles gut, entwickeln junge Babys nachts ein besseres Schlafverhalten.

Ein überzeugenderer Beweis stammt aus einer Längsschnittstudie, in der das Schlafverhalten von 313 Babys über einen längeren Zeitraum verfolgt wurde. Mirja Quante und ihre Kolleg/innen befragten die Eltern, als ihre Babys gerade einen Monat alt waren und erfuhren, welche Eltern ihnen vor dem Schlafengehen eine große Mahlzeit (mit dem Fläschchen) gaben. Fünf Monate später, als die Babys etwa 6 Monate alt waren, statteten die Forschenden sie mit Schlafmonitoren aus – Aktigraphen am Knöchel – und die Babys trugen sie eine Woche lang ununterbrochen.

Die Forschenden maßen die Dauer der Schlafphasen der Babys und fanden ein klares Muster: Babys, die einen Monat nach der Geburt vor dem Schlafen gestillt wurden, schliefen im Alter von sechs Monaten tendenziell länger. Der Unterschied war sogar ziemlich groß. Im Vergleich zu Babys, die diese Mahlzeiten nicht bekommen hatten, schliefen sie im Durchschnitt 62 Minuten länger.

Was ist mit dem goldenen Standard für wissenschaftliche Beweise: Kontrollierte, randomisierte Experimente? Im Prinzip könnten sie uns noch mehr Beweise liefern. Aber die Studien, die ich bisher gefunden habe, haben nicht genügend auf die Traum-Fütterung geachtet.

Eine randomisierte Studie verfolgte zum Beispiel die Auswirkungen eines umfassenden Programms zum Thema Schlaf auf etwa 125 Familien mit jungen Babys. Es enthielt Anweisungen für die Traum-Fütterung von Neugeborenen, aber auch mehr als 20 zusätzliche Empfehlungen, darunter Tipps zum Wickeln, zur Verwendung von Schnullern, zum Abspielen von weißem Rauschen, zur Einführung von Routinen für die Schlafenszeit, zur Vermeidung von Überstimulation und zu Möglichkeiten für Babys, sich selbst zu beruhigen.

Schliefen die Babys in der Testgruppe besser als die Babys in der Kontrollgruppe? Ja. Aber es ist schwer zu sagen, inwieweit das Ergebnis auf die Traum-Fütterung selbst zurückzuführen ist. So bleibt uns nur eine viel kleinere Studie, die Traum-Fütterungen als Teil einer dreiteiligen Strategie getestet hat. In dieser Studie wiesen die Forschenden 13 Eltern nach dem Zufallsprinzip den drei Maßnahmen zu:

  1. Den Neugeborenen zwischen 22 Uhr und Mitternacht eine große Mahlzeit zu verabreichen.
  2. Die Intervalle zwischen den nächtlichen Stillmahlzeiten allmählich verlängern, indem sie zunächst „alternative Maßnahmen“ ergreifen, wie z. B. Babys wieder einwickeln („pucken“), wickeln und herumtragen.
  3. Die Unterschiede zwischen Tag und Nacht zu optimieren, indem man das Baby nachts möglichst wenig sozialen Reizen und künstlichem Licht aussetzt.

Acht Wochen nach der Geburt berichteten alle 13 Eltern, die diese dreiteilige Strategie angewandt hatten, dass ihre Babys jede Nacht zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens ruhig schliefen. Im Gegensatz dazu meldeten nur 3 der 13 Eltern in der Kontrollgruppe diesen Fortschritt.

Es gibt also Grund zu der Annahme, dass die Maßnahmen hilfreich waren, aber wir wissen nicht, inwieweit die Traum-Fütterung für das Ergebnis verantwortlich war. Unabhängige Studien deuten darauf hin, dass die beiden anderen Taktiken (Nr. 2 und Nr. 3) Babys dabei helfen können, ein reiferes Schlafverhalten zu entwickeln. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Traum-Fütterung nur einer von mehreren Gründen war, die dazu beigetragen haben.

Kann Traum-Fütterung schädlich sein?

Für einige junge Babys – zum Beispiel solche, die Mühe haben, Gewicht zuzulegen – könnte die Traum-Fütterung unangemessen sein. Sprich also unbedingt mit deinem Kinderarzt oder deiner Kinderärztin. Außerdem solltest du bedenken, dass bestimmte Methoden der Traum-Fütterung die Schlafgewohnheiten deines Babys in einer Weise beeinflussen können, die dir möglicherweise nicht gefällt.

Nehmen wir zum Beispiel an, du wählst den Ansatz von Harvey Karp und weckst dein Baby jede Nacht aktiv auf, um es mit Traum-Fütterung zu versorgen. Könnte dieses von den Eltern initiierte nächtliche Aufwachen die Entwicklung eines ruhigen, nächtlichen Schlafs beeinträchtigen oder verlangsamen? Vielleicht, doch diese Frage wurde noch nicht gründlich in Studien untersucht. Möglicherweise spielt es keine große Rolle, vor allem wenn man die möglichen Nachteile mit den Vorteilen abwägt. Genau genommen wissen wir es aber noch nicht.

Auch über den Einfluss des Stillens von Babys im Schlaf habe ich noch keine eindeutigen, wissenschaftlichen Daten gesehen. Es ist eine uralte Praxis, aber das bedeutet nicht, dass sie für jeden geeignet ist. Wenn dein Baby zum Beispiel zu Sodbrennen neigt, ist es wahrscheinlich besser, wenn es nach dem Füttern einige Zeit in aufrechter Position bleibt. Babys können in dieser Position zwar schlafen, aber sie ist mit dem Wachsein besser vereinbar.

Einige Kritiker/innen argumentieren außerdem, dass es nicht ratsam sei, Babys beim Stillen einschlafen zu lassen. Dabei handelt es sich um eine uralte Erziehungstaktik. Aber sie kann zu Folgen führen, die manche Eltern vermeiden wollen. Wenn Babys sich angewöhnen, während der Mahlzeit einzuschlafen, kann es passieren, dass sie auf das Stillen als Voraussetzung für das Einschlafen angewiesen sind, was wiederum die Entwicklung des selbstständigen Einschlafens ohne Hilfe der Bezugspersonen verhindern kann.

Deshalb empfehlen Befürworter der Selbstberuhigung, dass die Traum-Fütterung stattfindet, während die Babys noch wach sind – Einschlafen ist nicht erlaubt. Unmittelbar danach sollten die Bezugspersonen ihre Babys bei einer anderen, ruhigen Beschäftigung vor dem Schlafengehen anleiten (z. B. ein Schlaflied singen), bevor sie ihre Babys ins Bett bringen – schläfrig, aber noch wach. Diese Vorgehensweise trägt dazu bei, dass Babys schon früh lernen, sich selbst zu beruhigen.

Aber wohin führen uns diese verschiedenen Überlegungen? Wir können sie wie folgt zusammenfassen.

Vor- und Nachteile der Traum-Fütterung

Vorteile:

  • Entscheidende Entlastung der Eltern. Der Schlaf nach dem Stillen kann länger als gewöhnlich sein, so dass du mehr Gelegenheit hast, einen Teil des NREM3-Schlafs zu bekommen. Schon eine halbe Stunde mehr Schlaf kann einen großen Einfluss auf deine Gesundheit und dein Wohlbefinden haben.
  • Mögliche Hilfe für die Entwicklung des Schlafverhaltens von Babys. In Kombination mit anderen Maßnahmen – wie der allmählichen Ausdehnung der Abstände zwischen den nächtlichen Stillmahlzeiten – könnte diese Methode dazu beitragen, die Umstellung auf einen reiferen Schlafrhythmus zu beschleunigen.

Nachteile:

  • Möglicherweise ist es für Babys mit besonderen Bedürfnissen nicht geeignet. Für Babys, die an Untergewicht oder bestimmten Krankheiten leiden, ist die Traum-Fütterung möglicherweise keine gute Wahl. Sprich mit deinem Kinderarzt oder deiner Kinderärztin, bevor du es versuchst.
  • Für manche Babys kann es störend sein, wenn du sie regelmäßig aufweckst, um sie noch ein letztes Mal zu stillen. Falls dir das ein persönliches Anliegen ist, kannst du das Stillen so planen, dass es zu einer Zeit stattfindet, zu der dein Baby bereits wach ist.
  • Die Traum-Fütterung nach dem Motto „Füttere sie, während sie schlafen“ ist für Babys, die zu Sodbrennen neigen, möglicherweise nicht geeignet. Es ist besser für sie, wenn sie nach dem Stillen eine aufrechte Position einnehmen.
  • Wenn Babys während der Traum-Fütterung einschlafen können, führt dies möglicherweise zu Verzögerungen bei der Entwicklung der Selbstberuhigung. Nicht für jede Familie ist das ein Problem, aber für manche ist es ein wichtiger Aspekt.

Wenn das Baby trotz Traum-Fütterung immer wieder aufwacht

Hunger ist nicht der einzige Grund, warum Babys aufwachen. Die Forschung bestätigt, dass alle Menschen nachts mehrmals aufwachen und Babys sind da keine Ausnahme. Bei kleinen Babys können diese Wachphasen sogar das Risiko des plötzlichen Kindstods (SIDS) verringern.

Falls dein Baby also im Alter von 8 Wochen keine 5 Stunden am Stück schläft, macht dir das vielleicht das Leben schwer, aber es ist nicht ungewöhnlich und auch kein Anzeichen dafür, dass etwas mit deinem Baby nicht stimmt. Das Schlafverhalten von Babys ist individuell sehr unterschiedlich. Manche Babys schlafen länger und fester als andere.

Und wenn du hörst, wie andere Eltern mit ihrem Baby angeben, das „die ganze Nacht durchschläft“, solltest du daran denken: Es handelt sich nicht um ein „Super-Baby“, das nie aufwacht. Was wirklich passiert, ist, dass das Baby während der Nacht relativ ruhig bleibt und von selbst wieder einschläft.

Das ist dein ultimatives Ziel – deinem Baby zu helfen, die Fähigkeit der Selbstberuhigung zu erlernen. Das Stillen vor dem Einschlafen macht es vielleicht einfacher, aber es ist wahrscheinlich nur einer von vielen Faktoren. Um alles abzudecken, solltest du die Traum-Fütterung mit einer Reihe anderer, gut fundierter Taktiken kombinieren (die oben genannten zum Beispiel). Falls die Traum-Fütterung schwer umzusetzen ist und bei dir nicht zu funktionieren scheint, solltest du es sein lassen.

Wann solltest du mit der Traum-Fütterung aufhören?

Das ist eine weitere Frage, die noch nicht durch wissenschaftliche Studien untersucht wurde. Tracey Hogg meint, dass das nächtliche Trinken bis zum Alter von 6 Monaten sinnvoll sein kann. Andere wiederum empfehlen, die Traum-Fütterung mit 16 Wochen zu beenden.

Was ist mit dem Bäuerchen?

Es ist schwer, pauschale Aussagen zu treffen, die für alle gelten. Jedes Baby hat andere Eigenarten und Bedürfnisse. Doch insgesamt gibt es kaum Beweise dafür, dass das Aufstoßen eines Babys nach einer Mahlzeit vorteilhaft ist.

In einer kontrollierten Studie mit mehr als 70 Paaren von Müttern und Babys fanden die Forschenden zum Beispiel heraus, dass das Aufstoßen keinen Einfluss auf die Symptome von Koliken bei Babys hat. Die Babys, die nach dem Zufallsprinzip zum Bäuerchenmachen ausgewählt wurden, zeigten sogar eine höhere Tendenz zum Aufstoßen. Es scheint also nicht notwendig oder sogar ratsam zu sein, dein Baby nach einer Traum-Fütterung ein Bäuerchen machen zu lassen.

Wann ist der beste Zeitpunkt fürs Windelwechseln?

Ist dein Baby bereits wach und hat eine schmutzige Windel, ist es sinnvoll, sie zu wechseln. Was aber, wenn dein Baby noch schläft? Solltest du die Windel jetzt wechseln – um zu verhindern, dass es später aufwacht? Vermutlich nicht, denn Experimente zeigen, dass Babys trotz einer nassen Windel weiterschlafen.

Bildquelle: https://www.freepik.com/free-photo/mother-feeding-baby-with-breast_10010898.htm

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