Beim Emotions-Coaching geht es darum, auf die Gefühle der Kinder zu achten und ihnen zu helfen, mit negativen Gefühlen wie Angst, Wut und Traurigkeit umzugehen und diese eigenständig zu bewältigen. Die von dem Psychologen John Gottman vorgeschlagene Methode umfasst folgende Kernpunkte:

  • Emotionen wahrnehmen, auch weniger intensive Gefühle, von dir und deinem Kind;
  • Negative Gefühle als Chance für „Intimität oder Bildung“ sehen;
  • die Gefühle deines Kindes akzeptieren und anerkennen;
  • deinem Kind helfen, Gefühle mit Worten zu beschreiben und zu benennen; und (wenn sich das Kind beruhigt hat)
  • mit deinem Kind über sinnvolle Strategien für den Umgang mit Situationen zu sprechen, die starke Gefühle auslösen.

Macht das einen Unterschied? Ja. Nachfolgend findest du einen Überblick über das Emotions-Coaching und seine Auswirkungen sowie einige Tipps, wie du ein erfolgreicher Emotions-Coach wirst.

Die Entwicklung von Gefühlen bei Kindern

Sie mögen klein sein, aber das gilt nicht für ihre Gefühle. Kleine Kinder sind mit vielen Enttäuschungen und negativen Gefühlen konfrontiert. Sie haben oft mit Gefühlen wie Wut, Traurigkeit, Unruhe und Angst zu kämpfen.

Was kann man dagegen tun?

Kinder sind natürlich noch mit ihrer Entwicklung im Gange. Die Teile des Gehirns, welche für die Selbstkontrolle zuständig sind, entwickeln sich noch. Wir sollten also nicht erwarten, dass ein dreijähriges Kind mit Enttäuschungen genauso gut umgehen kann wie ein 30-Jähriger.

Außerdem fehlt kleinen Kindern unsere Lebenserfahrung. Sie beginnen gerade erst zu lernen, wie Gefühle funktionieren. Kinder sind nicht in der Lage, die Gefühle und Absichten anderer Menschen zu erkennen. Sie brauchen viele Gelegenheiten zum Lernen und Üben.

Und einigen Kindern fällt es schwerer als anderen. Bestimmte Charakterzüge sind im Laufe der Zeit ziemlich beständig und einige Charakterzüge bergen ein höheres Risiko für Probleme im emotionalen Bereich – wie Stimmungsschwankungen, Aggression, Angstzuständen oder Depression.

Das heißt jedoch nicht, dass Kinder keine Fortschritte machen können. Kinder, selbst kleine Kinder, sind in der Lage zu lernen, wie sie ihre Launen besser kontrollieren können. Sie brauchen nur unsere Hilfe. Der Knackpunkt ist, dass wir sie ihnen geben müssen.

Wie gehen Eltern mit den Gefühlen ihrer Kinder um?

Wie reagierst du, wenn dein Kind aufgebracht ist? John Gottman und seine Kolleg/innen haben mehrere gängige Verhaltensweisen identifiziert.

In einigen Fällen weisen Eltern die negativen Gefühle ihrer Kinder zurück. Sie signalisieren, dass diese Gefühle albern oder unbedeutend sind.

In anderen Fällen sind Eltern missbilligend. Sie nehmen die Gefühle ihrer Kinder zur Kenntnis, empfinden den Ausdruck negativer Emotionen aber als anstößig.

Und manchmal nehmen Eltern die negativen Gefühle ihrer Kinder wahr und akzeptieren sie, machen aber keinerlei Anstalten, ihren Kindern bei der Bewältigung zu helfen.

Sie sehen negative Gefühle, wie Traurigkeit, oft als etwas an, „wo man einfach durch muss, über das man hinwegsieht und sich nicht davon aufhalten lässt“. Sie würden vielleicht gerne mehr tun, aber wissen nicht, was.

Diese Eltern – die abweisen, missbilligen oder ignorieren – sind nicht unbedingt gleichgültig ihren Kindern gegenüber. Im Gegenteil, es kann für sie eine Qual sein, ihre Kinder in Not zu sehen. Aber sie versäumen es, ihren Kindern beizubringen, wie sie mit den Stürmen ihrer Gefühle umgehen können.

Stattdessen bleiben sie im Hintergrund oder versuchen, die Gefühle durch Hänseleien, Drohungen oder Bestrafungen zu verdrängen. Sie könnten zum Beispiel auf die Wut eines Kindes mit einer „Auszeit“ reagieren – auch wenn das Kind nichts falsch gemacht hat.

Der Ansatz des Emotions-Coachings

Eltern, die eine Philosophie des Emotions-Coachings verfolgen, sehen die schlechte Laune ihrer Kinder als Chance, Mitgefühl zu zeigen, mit ihnen in Kontakt zu treten und ihnen etwas zu vermitteln.

Eltern nehmen sich Zeit, Dinge aus der Perspektive des Kindes zu sehen und geben ihm das Gefühl, verstanden und respektiert zu werden. Zudem sprechen sie mit den Kindern über Gefühle und helfen ihnen, ihre eigenen Gefühle in Worte zu fassen.

Sie helfen den Kindern auch dabei, sich Strategien zu überlegen, wie sie mit negativen Emotionen und den Situationen, die diese Emotionen auslösen, umgehen können.

Wie funktioniert das Emotions-Coaching?

Forscher/innen haben dazu eine Menge zu sagen. Sie haben sogar spezielle Trainingsprogramme entwickelt, um Eltern dabei zu helfen, effektive Emotions-Coaches zu werden. Hier ist ein grober Überblick über den Prozess.

1. Versuche, emotionale Signale zu erkennen, bevor die Gefühle deines Kindes überhand nehmen.

Sieht dein Kind ein wenig frustriert aus? Enttäuscht? Traurig? Besorgt? Deine erste Reaktion könnte sein, es zu ignorieren und die Situation, die diese Gefühle ausgelöst hat, zu ignorieren. Doch Forscher/innen raten zum Gegenteil. Jetzt ist eine gute Gelegenheit, mit deinem Kind zu sprechen.

Sag deinem Kind, dass dir eine Veränderung auffällt (z. B. „Du scheinst sehr still zu sein…“) und bitte dein Kind, über den Grund zu sprechen. Wenn du einen bestimmten auslösenden Faktor vermutest, sprich ihn behutsam an (z.B. „Kann es sein, dass es dir schwerfällt, dich mit deinem Bruder abzuwechseln…“).

2. Höre zu, erkenne an und zeige Einfühlungsvermögen.

Du musst ruhig bleiben und dich in die Situation deines Kindes hineinversetzen können. Nein, du musst dich nicht daran erinnern, wie es als Kleinkind oder Teenager war, obwohl das natürlich hilfreich sein kann. Worauf es wirklich ankommt, ist, dass du dich in die Erfahrungen deines Kindes hineinversetzt und das kannst du tun, indem du Vergleiche mit deinem eigenen Leben ziehst.

Wenn sich dein Kind zum Beispiel in der Schule abgelehnt oder gedemütigt fühlt, kannst du dir eine ähnliche Situation auf der Arbeit vorstellen. Wenn dein Kind sich darüber aufregt, dass es sein Lieblingsspielzeug teilen muss, kannst du dich fragen, wie du dich fühlen würdest, wenn dich jemand bitten würde, dein Handy mit allen deinen persönlichen Daten abzugeben.

Dir muss nicht jedes Verhalten deines Kindes recht sein. Andere Leute zu verletzen, ist zum Beispiel nicht akzeptabel. Aber dein Kind muss wissen, dass du die Gefühle, die es durchlebt, verstehst. Du verstehst die Situation und kannst dich in sie hineinversetzen. Du kannst verstehen, warum dein Kind sich so fühlt.

3. Hilf deinem Kind, Worte zu finden, die seine Gefühle beschreiben.

Zu wissen, wie man Emotionen in Worte fasst, ist aus zahlreichen Gründen wichtig. Es ist natürlich hilfreich, um mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Aber es hilft uns auch, in einen distanzierteren, reflektierten Blickwinkel zu gelangen und unsere Gefühlslage als eine normale Reaktion auf eine schwierige Situation zu betrachten.

Indem wir unseren Kindern zuhören und uns in sie hineinversetzen, können wir ihnen dabei helfen, herauszufinden, welche Gefühle sie genau haben. Dabei geht es nicht darum, Kindern zu sagen, wie sie sich fühlen sollen. Vielmehr sollten wir Fragen stellen, eigene Erfahrungen einbringen und dem Kind helfen, seine eigenen Gefühle zu verarbeiten.

Nehmen wir zum Beispiel an, ein Kind geht auf einer Geburtsagsparty die Pizza als Mahlzeit serviert. Es möchte eine Pizza mit Käse, aber die ganze Käsepizza ist schon aufgegessen. Es gibt nur noch Salami-Pizza und das Kind verabscheut Salami. Das Kind wird wütend, also hört der Erwachsene zu, hat Mitgefühl und unterstützt das Kind dabei, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.

Erwachsener: „Du scheinst dich darüber zu ärgern.“

Kind: „Ich mag nur Käsepizza. Salami kann ich nicht ausstehen!“

Erwachsener: „Ich verstehe, was du meinst. Mir ist das auch schon mal passiert… Ich dachte, ich würde mein Lieblingsessen bekommen und dann war es schon aufgegessen. Da war ich total enttäuscht und frustriert.“

Kind: „Ich bin wütend, weil andere Kinder Käsepizza gegessen haben. Das ist ungerecht!“

Erwachsener: „Ja, das ist ein wirklich schlimmes Gefühl, wenn irgendetwas ungerecht ist. Das kann einen wütend machen, auch wenn niemand Schuld daran hat. Wie zum Beispiel bei dieser Party. Niemand wollte, dass das geschieht. Aber es macht uns trotzdem wütend.“

4. Falls dein Kind von starken Emotionen überwältigt wird, gib ihm Zeit, sich zu beruhigen.

Wenn dein Kind wütend ist, bist du vielleicht dazu geneigt, sofort mit der Problemlösung anzufangen oder von deinem Kind zu erwarten, dass es mit dir über die Angelegenheit spricht. Doch starke Gefühle – wie Angst, Wut und Furcht – lösen eine „Kampf- oder Flucht“-Reaktion aus. Sie unterdrücken unsere Fähigkeiten, vernünftig zu denken und unsere Impulse zu kontrollieren, sodass wir bei weiteren Auslösern leicht überreagieren können.

Sollte ein Kind zum Beispiel sehr angespannt sein, weil es zum Zahnarzt muss, ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, alle Gründe aufzuzählen, warum ein Zahnarztbesuch wichtig ist, oder dein Kind zu überreden oder zu drängen, mitzumachen. Es geht darum, eine kurze Auszeit zu nehmen und den Stress abklingen zu lassen. Halte Ausschau nach Anzeichen dafür, dass das Atmen deines Kindes langsamer und regelmäßiger wird.

5. Falls nötig – und wenn dein Kind dazu bereit ist – kannst du dich auch auf das Lösen von Problemen konzentrieren.

Hierzu gehört, dass du deinem Kind Grenzen setzt und mit ihm über Möglichkeiten sprichst, wie es künftige Konflikte vermeiden oder entschärfen kann. Hat dein Kind bei einem Wutanfall zum Beispiel seinen Bruder geschlagen, solltest du ihm deutlich erklären, dass dieses Verhalten nicht in Ordnung ist. Du kannst darüber sprechen, warum es solche Regeln gibt und dein Kind bitten, sich andere, angemessene Lösungen für den Umgang mit Wut in der Zukunft auszudenken.

Welche wären fair? Sicher? Freundlich und rücksichtsvoll gegenüber anderen? Schlägt dein Kind Lösungen vor, die nicht umsetzbar oder schwierig sind, kannst du es auf diese Schwierigkeiten hinweisen und ihm von Lösungen erzählen, die bereits funktioniert haben.

Macht Emotions-Coaching wirklich einen Unterschied?

Beobachtungsstudien zeigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Emotions-Coaching und besseren Entwicklungen bei Kindern.

Kinder, die ein Emotions-Coaching erhalten, haben weniger Gefühls- und Verhaltensprobleme, z. B. Wut, Ängste und aggressives Verhalten. Außerdem entwickeln sie in der Regel bessere soziale Kompetenzen und Beziehungen zu Gleichaltrigen.

Sind solche Zusammenhänge ein Beweis für Ursachen? Nicht unbedingt. Es könnte sein, dass sozial kompetente, ausgeglichene Kinder Eltern dazu inspirieren, mit ihnen über emotionale Probleme zu sprechen.

Doch es gibt auch Hinweise aus Experimenten. Wenn man Kinder mit Verhaltensproblemen nimmt und ihre Eltern mit dem Training dazu anleitet, als bessere Emotions-Coaches zu handeln, geht es den Kindern in der Regel besser. Und selbst eine kurze Ermahnung kann eine große Auswirkung haben.

In einer Studie mit Vorschulkindern haben Forscher/innen nur 15 Minuten damit verbracht, die Eltern in ihrem Emotions-Coaching zu trainieren. Anschließend beobachteten sie, wie die Eltern mit ihren Kindern während einer anspruchsvollen Aufgabe interagierten. Nach dem Training zeigten die Eltern mehr emotionale Feinfühligkeit und eine positive Einstellung und ihre Kinder reagierten auf frustrierende Situationen mit mehr Ausdauer und Ehrgeiz.

Das bedeutet natürlich nicht, dass Emotions-Coaching ein Patentrezept ist. Manche Kinder haben Probleme, die nicht nur durch ein Emotions-Coaching behoben werden können. Dennoch ist es sinnvoll, dass Empathie, einfühlsame Gespräche und überlegte Lösungsansätze Kindern helfen, ihre emotionale Kompetenz zu entwickeln. Nachfolgend findest du einige wissenschaftlich fundierte Ratschläge, wie du das richtig machst.

Tipps für effektives Emotions-Coaching

1. Belastet dich das Verhalten deines Kindes? Achte auf deine eigenen Bedürfnisse, damit du die Situation mit Gelassenheit, realistischen Erwartungen und Einfühlungsvermögen angehen kannst.

Es ist wichtig, dass du das Fehlverhalten deines Kindes nicht persönlich nimmst.

2. Nutze die alltäglichen Gelegenheiten, um über Gefühle und die Situationen, die sie auslösen, zu sprechen.

Studien zeigen, dass kleine Kinder, die über die Gründe und Folgen von Gefühlen sprechen, eine bessere emotionale Kompetenz entwickeln.

3. Ignoriere oder bagatellisiere die Gefühle deines Kindes nicht und bestrafe negative Gefühle nicht.

Hat dein Kind einen Wutanfall, ist es sinnvoll, Abstand zu wahren und nicht einzugreifen, bis es sich beruhigt hat. Sobald sich dein Kind jedoch soweit beruhigt hat, dass es dir zuhören kann, solltest du bereit sein, mit ihm über seine Emotionen zu sprechen. Manche Verhaltensweisen sind nicht in Ordnung und das müssen wir verdeutlichen. Allerdings sollten wir auch klarstellen, dass wir die Gefühle unserer Kinder anerkennen und akzeptieren.

4. Eine hoffnungsvolle, konstruktive Denkweise vermitteln.

Wenn Kinder denken, dass sie „schlecht“ sind, fühlen sie sich möglicherweise hilflos, weil sie sich nicht ändern können. Deshalb ist es wichtig, dass Kinder verstehen, dass Übung den Meister macht. Eine Möglichkeit, dies zu vermitteln, ist, die Fehler deines Kindes konstruktiv zu korrigieren.

5. Bereichere deine Coaching-Taktiken mit wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen über Gefühle.

6. Sei dir der Gefahren einer autoritären Erziehung bewusst.

Strenge, diktatorische Erziehungsmethoden werden oft mit Depressionen, Ängsten und geringem Selbstwertgefühl bei Kindern in Verbindung gebracht. Im Gegensatz dazu führt eine autoritative Erziehung, die den Schwerpunkt auf emotionale Wärme und das Gespräch mit den Kindern legt, zu den besten Ergebnissen.

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/liebe-menschen-frau-niedlich-4624970/

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